Dienstag,
weit nach Mitternacht. Ich musste mein Essay zum Thema Accessoires
noch fertig stellen. Ich wählte die Sonnenbrille von Ray Ban und
führte ihr Comeback auf die Wirtschaftskrise zurück. Nebenbei war
ich bei Facebook online. Äusserst empfänglich für Ablenkung. Wie
es immer so ist wenn man etwas für die Uni tut...
Ich
war grade bei den Fußnoten als: „Bling“. Irgendwer schrieb mir
bei Facebook. Ich sah auf die Uhr. Wer ist denn um halb zwei in der
Woche noch online?
Raus
aus dem Open Office Menü, rein zu Safari. Da stand ein Name mit dem
ich erst nichts anzufangen schien. Doch dann machte es Klick!
An
dieser Stelle würde ich die Hand heben und den Zeigefinger krümmen.
Keine Sorge, es war nicht der Knickpimmel selbst. Sondern sein
Freund. Ihr erinnert euch? Ihn fand ich auf der Erstsemesterparty
besser.
„Hei!“,
schrieb er. Im Chat-Fenster sah ich, dass er wieder etwas zu
schreiben schien.
„Sorry,
ich hab mich verschrieben! Wollte eigentlich wem anders schreiben.“
Aha,
okay. „Kein Ding!“, antwortete ich. Verlies Safari und widmete
mich wieder der Ray Ban Brille. „Bling“, machte es erneut. „Was
machst du?“, stand da.
Tja,
und so kamen wir ins Schreiben. Er wollte sich mit mir treffen. „Und
was ist mit deinem Freund?“, wollte ich wissen, bevor ich mich da
auf etwas einlasse. Denn ich erfuhr, dass er traurig war, nachdem ich
mich nicht mehr bei ihm gemeldet habe. Mmmh, schien ihm egal zu sein.
Männer ey! „Muss er ja nicht wissen!“ Na, dann!
Neben
Timing ist Schicksal die größere Nutte. Wie gut, dass man sich
immer zwei Mal im Leben trifft. Irgendwann bekomme ich eben immer was
ich will.
Damals
wohnte ich noch zuhause, er auch. Also wohin? Da es Oktober war,
konnten wir nicht einfach nach draußen gehen. Wir überlegten also
wo wir uns amüsieren konnten.
Eines
Abends schickte er mir einen Yotube-Link. Als ich drauf klickte
tippte jemand mir auf die Schulter. Ich drehte meinen Kopf zur Seite. Das Lied ertönte und R. Kelly sah mich an. „Girl
you wanna come to my hotel?“, flüsterte er mir ins Ohr.
"Baby,
I will leave you my room key!" Ich verstand. Und ich fand die Idee
super.
Meine
Erinnerungen an ihn waren schwammig. War es ja schon was länger her
und ich ja voll. Bei Facebook gab es auch nur ein Bild von ihm. Würde
ich ihn wieder erkennen? Ja, Punkt 19 Uhr stand er an den Treppen,
beim Eingang des Bonner Hauptbahnhofs.
Er
trug eine lässige schwarze Lederjacke von Diesel, eine enge Jeans,
die im Schritt weiter geschnitten war und ein weißes Hemd.
Und da war sie wieder, die Ray Ban Brille. Nicht
dieses Trendding, was nun jeder trägt. Sondern eine schmale Variante
in Hornfassung.
Mein
Herz schlägt höher, wenn ein Mann Stil beweist und sich gut
kleidet. Und er war definitiv einer davon. Zur Begrüßung umarmten
wir uns. Er duftete so gut wie er aussah. Blondes Haar, grüne Augen,
Drei-Tage-Bart und diese vollen Lippen auf die ich mich schon freute.
Ich
hatte nicht eine Sekunde den Zweifel, dass es schlecht hätte werden
können. Ich war auch nicht ansatzweise nervös.
Wir
wollten in der Nähe des Bahnhofs bleiben und wählten den schäbbigen
grauen Klotz direkt gegenüber, der sich mit vier Sternen brüstete.
Als
wir das Foyer betraten, war ich überrascht. So hässlich und fies
das Gebäude von aussen wirkte, so hübsch war es im Inneren.
Eine
junge Frau mit strengem glatten Pferdeschwanz, bei dem nicht ein Haar
abstand, lächelte uns von der Rezeption aus an. „Guten Abend“,
flötete sie mit aufgesetzter Freundlichkeit. „Was kann ich für
Sie tun?“
„Wir
hätten gern ein Doppelzimmer“, sagte ich. Ihr Lächeln schien fest
gefroren.
„Wie
lange bleiben Sie?“, fragte sie uns. „Ehm, eine Nacht“,
antwortete er und räusperte sich. Gott, die weiß genau was abgeht.
Tüüüülüüülüüü.
Man
merkte es ihr nicht an. Ganz der Profi. Trotzdem kam ich mir schon
ein bisschen vor wie eine Prostituierte. So eine Nummer hab selbst
ich bisher noch nicht gerissen.
„Ich
brauche Ihre Ausweise“, erklärte sie, dabei regte sich in ihrem
Gesicht nichts.
Mit
gesenkt verschämten Blick schob ich meinen leicht verknitterten
Ausweis über die schicke glatte Holztheke.
Schnell
unterschrieben wir einen Wisch und fertig. „Ihr Zimmer befindet
sich im dritten Stock dann rechts“, sagte sie als sie uns die
Chip-Karte überreichte. Da lag er der Room-Key. Er nahm ihn und wir
fuhren mit dem Aufzug hoch. Dabei sprachen wir kein Wort. Da war sie
doch, die Aufregung. Mit einem fremden Mann in einem Hotelzimmer eine
Nacht zu verbringen. Puh! Ich starrte auf den Boden, im Hintergrund
lief die typische Fahrstuhl Musik. „Ding!“ – die Tür öffnete
sich. Wir sahen uns an und lachten. Dann mal los.
Zimmer
306. Er zog die Karte durch. Das Zimmer war wirklich hübsch, naja,
kann man ja bei 90 Flocken die Nacht wohl erwarten. Er schmiss seine
Tasche auf den Sessel und setzte sich aufs Bett. Ich sah ihn an. „Ich
muss was trinken!“, platze es aus mir raus. „Ich auch“, sagte
er und lächelte. Die Minibar war für uns Studenten nichts. Bei den
Zimmerpreisen... Also fuhren wir runter zum Bahnhof und holten uns am
Kiosk was zu trinken. Oben angekommen köpften wir den Sekt. Er nahm
einen Schluck, sah mich an und sein Blick landete auf meinen Lippen.
Es war dieses schiefe Lächeln, was nur wenige drauf haben, diese Art
von Lächeln die dein Hirn ausknipst. Sein Lachen traf auf meinen
Mund und verstummte. Seine vollen Lippen fühlten sich weich an. Es
war der Wahnsinn. Dieser Junge kann küssen... Sanft ließ er mich
aufs Bett fallen. Das glatte Bettzeug knisterte dabei. Er machte, ich
ließ mich treiben. Ich konnte mich komplett fallen lassen. Das mag
ich auch sehr gerne. Man merkte einfach, dass seine Priorität darin
bestand mich glücklich zu machen. Und das tat er. Oft. Sehr oft.
Er
hatte es echt drauf. Er legte beim Vorspiel ganz sanft los und
überraschte mich beim Sex mit harten schnellen Stößen, die immer
nur dann zum Einsatz kamen, wenn sie die volle Wirkung erzielten.
Damit meine ich natürlich, dann wenn ich kam. Dadurch wurde der
Orgasmus intensiver und länger. Der Kleine hatte es echt drauf und
er hatte einen so tollen Körper. Ich lag unter ihm und blickte auf
diese starke Schulter. „Nimm dir was du brauchst“, flüsterte er.
Das tat ich! Und so trieben wir es die ganze Nacht. Er jagte mich
durchs ganze Zimmer: auf dem Bett, dem Sessel, dem Stuhl, dem Tisch,
dem Boden, der Dusche. Boom, boom, boom!
Die
armen Nachbarn... Irgendwann schliefen wir erschöpft ein. 9 Uhr, der
Wecker klingelte, ich hatte noch einen Termin. Er lag nackt neben
mir. Ich sah mich um. Im Morgengrauen sah das Zimmer schlimm aus, wie
nach einer exzessiven Party. Nun ja, das war es ja auch. Ich sprang
unter die Dusche. Ich kam raus und er lag noch im Bett. „Gehen wir
frühstücken?“, fragte ich. „Komm doch noch mal kurz her“,
meinte er und setzte wieder sein Lächeln auf. Zack, Hirn aus. Eh,
ich mich versah, saß ich stöhnend auf ihm. „Steh auf!“,
forderte er. Schnell schob er mich gegen das große Fenster mit dem
Blick auf die Einkaufsstrasse und presste mich gegen die kalte
Scheibe. Dann fickte er mich weiter. Ich sah die Menschen dabei die
Straße entlang laufen. Es war unfassbar gut. Das wars mit dem
Frühstück. Ich musste zu meinem Termin. Ich verabschiedete mich.
Mir tat alles zwar weh und ich lief wie eine alte Frau, aber das war
es Wert.
Ich
behielt den Kleinen als Hotel-Boy-Toy. Bis heute treffen wir uns ab
und zu und es macht immer noch so viel Spaß wie damals, in der Nacht
im Hotel...
Cheers!
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