Oh, geliebtes Bonn. Nach einer
Horror-Fahrt von zwölf Stunden habe ich es geschafft und war endlich
wieder zuhause. Es ist jedes Mal so, als wäre ich nie weg gewesen...
Donnerstag Abend, ich war mit meinen
allerliebsten Freundinnen feiern. Das hatten wir bereits ewig geplant
und ich freute mich wahnsinnig drauf. Und es war so schön wie lang
nicht mehr.
Nach zwölf bekam ich eine Nachricht
von Mr Perfect: „Bitte komm zu mir!“. Er wünschte sich, dass
ich mit ihm einschlafe und aufwache. Mmmh, sollte ich? Die Party war
so gut und wir hatten richtig viel Spaß. Mein Schwips übertünchte
meinen klaren Menschenverstand. Dazu gesellten sich meine Hormone und
ich entschloss mich zu fahren...
Meine Freundinnen waren alles andere
als begeistert. Für einen Mann seine Freundinnen auf der Party
stehen lassen, gerade wenn man sich nur ein mal im Monat sieht, ist
echt ne beschissene Nummer. Dafür entschuldige ich mich hiermit bei
meinen Ladies! Ich lieb euch! „Lass es dir richtig besorgen!“,
lautete ihre Verabschiedung. Jetzt wisst ihr wieso ich diese
Verrückten so liebe.
Also stöckelte ich zum Taxi und war
mega nervös. Er wartete an der Türe in Schlafshirt und Boxer.
Dieses Bild kenne ich nur zu genau, ich liebte es. Denn darauf
folgten stets tolle Momente. Ich betrat seine neue Wohnung, die die
er einst gemeinsam mit seiner Ex-Freundin bezog. Mir wurde irgendwie
schlecht. Ich war wohl nicht betrunken genug um diese Tatsache
einfach ignorieren zu können. Ich verschwand erstmal im Bad und
versuchte nach der durchtanzten Nacht zu retten, was noch zu retten
war. Damit meine ich Haare und Visage. Ach, scheiss drauf, sagte ich
mir und stapfte ins Schlafzimmer. Ich bat ihn um ein Schlafshirt. Es
duftete nach Waschpulver. Ich zog es schnell über, legte mich ins
Bett und schaltete das Licht aus. Behutsam kuschelte ich mich in
seinen Arm. Irgendwas war anders. Er duftete nicht wie sonst... Seine
Küsse schmeckten nicht. Alles war fremd. Als sei die Magie plötzlich
verschwunden. Was ist passiert? Wir schliefen miteinander.
Angetrunken bin ich hemmungsloser. Aber irgendwie war es insgesamt
lahm. Wo einst Funken sprühten, dominierte Langeweile. Alles fühlte
sich an wie Routine. Und es war das erste Mal, dass ich ihm einen
Orgasmus vortäuschen musste. Dabei hätte ich gedacht, dass es A nie
vorkommen müsste und B, dass er den Unterschied spüren würde. Hat
er aber nicht. And the Oscar goes to... Ne, mal im Ernst. Alles war
so fremd und kam einem billigen One-Night-Stand gleich anstatt Sex
mit meiner Liebe. Habe ich mich geirrt? War ich mir doch so sicher...
Er schlief ein. Auf der anderen Seite des Bettes. Hätte ich noch was
Geld für ein Taxi über gehabt, wäre ich klammheimlich abgehauen.
Lauter Lärm aus vorbeifahrenden Autos
und Regenschauern machten es mir unmöglich ein Auge zu zumachen.
Ausserdem schnarchte er gewaltig. Seit wann tut er das? Hat er vorher
nie. So verbrachte ich die Nacht in einer Art
Dämmerschlaf...Vielleicht waren es aber auch die Geister meiner
Gedanken, die in meinem Kopf kreisten, die mich nicht ruhig schlafen
ließen. Neben ihm schlief ich sonst immer so gut. Endlich: Morgen.
Er rührte mich nicht an. Wir hatten
kein Kondom mehr für eine zweite Runde. Dennoch war es komisch,
kühl, distanziert.
„Du kannst ruhig weiter schlafen“,
sagte er als er sich anzog. Ne ne, ich musste da weg. Er fuhr zur
Arbeit. Ich sammelte mein Zeug zusammen. Es schüttete wie aus
Eimern. Und ich hatte nur meine Party-Klamotten und meine High Heels.
Scheisse eh!!! Ich öffnete die Türe und fragte mich wie ich die
löchrige Eisentreppe bei Nässe mit Stöckelschuhen bewältigen
sollte. Aber dann hörte ich Stimmen. Fuck! Sein Onkel wohnt unter
ihm. Großartig! Naja, ich musste da weg, Türe war schon zu.
Verfickte Scheisse aber auch! In gefühlter Zeitlupe stieg ich die
Todes-Treppe runter. Unten angekommen, das nächste Hindernis. Der
Stein-Boden. Während ich kurz überlegte, sah ich mich um. Und genau
hinter mir saßen Onkel und Tante die mich anstarrten. „Äh, ehm,
Morgen?!“, säuselte ich mit einem Lächeln und stapfte über das
Gras Richtung Tor. Ich versank wortwörtlich im Erdboden. Durch die
Büsche bohrten sich ihre Blicke zu mir. Ich wartete im Regen aufs
Taxi (Geld, gab er mir). Wie ne billige Nutte stand ich da. Je, genau
so möchte ein Mädchen die Familie kennenlernen. Richtig geil! Der
Taxifahrer war endlich da. Er erzählte mir von seiner Tochter. Auch
eine Karrierefrau wie ich, mein Alter. „Ich wünsche mir
Enkelkinder!“, sagte er verzweifelt. Ich bin auch glücklich
verheiratet mit meinem Job. Lady Gaga sagte einst: „Dein Job liegt
nicht eines morgens neben dir und sagt dir, dass er dich nicht mehr
liebt!“
Und verdammte scheisse, sie hat Recht!
Ich hatte nicht mehr viel Zeit mich mit den Worten des Taxifahrers zu
befassen. Denn endlich bei meinen Eltern angekommen, musste ich mich
schnell fertig machen. Wir waren auf einer Hochzeit eingeladen.
Als ich da in der Kirche stand und
zusah wie zwei verliebte Menschen sich das Ja-Wort gaben, konnte ich
meine Tränen nicht bei mir halten. Selbstverständlich vor Rührung
und auch weil ich nach dieser Nacht, wusste dass es vorbei war mit
mir und Mr Perfect...
Ach so Hochzeiten sind schon was
feines! Trinken, Essen und lästern über verhasste
Familienmitglieder, die einfach schrecklich aussehen in ihren
billigen Kleidern! Ich war leicht angesäuselt und schrieb zwischen
den Gängen mit Mr Perfect. Tolles Benehmen habe ich was? Ich
erinnere mich nicht mehr, wie wir darauf kamen (ich werd alt). Aber
es ging ums zusammen sein. „Ich habe immer mit offenen Karten
gespielt, das weisst du! Bei mir ist da nicht mehr!“ Wie? Und wieso wolltest du es von mir hören? Wieso hast du bei allem mitgemacht? Das tut niemand der nicht mehr will – das tut jemand der nur eins will! Bastard!
Die Zeilen fingen an zu wackeln, der
Boden tat sich auf, Tische mit Tellern und Besteck rutschten in die
klaffende Spalte im Boden. Ich versuchte mich an der Tischdecke
festzuhalten, aber ich schaffte es nicht. Ich konnte nicht schreien.
Ich konnte nichts. Realität: Ich saß da. Starrte auf mein Handy.
Las den Satz 100 mal durch. Als würde er sich nach einer Zeit
ändern. Als hätte ich mich verlesen. Ich blickte auf. Die Menschen
bekamen nichts mit von dem gewaltigen Erdbeben. Von dem klaffenden
Loch. Aber es war Wirklichkeit, nur in meinem Herzen. Ich merkte wie
der Schmerz sich von der Brust hoch in den Hals zog und mir die Luft
zum atmen nahm. Wo ist der Wein??? Ich schüttete mir Rosé in den
Hals, dass er bloß meine inneren Wunden desinfizierte und den
Schmerz wegspülte. Und er tat es! Mein Glas hatte magische Kräfte: Es war immer
voll!
Der Kellner wollte mich entweder auf
dem Tisch tanzen sehen oder bemerkte meinen Kummer. Ich glaube
erstes! Ich sah fabelhaft aus und ließ mir nichts anmerken. Wieder
ein Oscar für moi!
Fortsetzung folgt!
Cheers!
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