Sonntag, 28. September 2014

Hotelboy




Dienstag, weit nach Mitternacht. Ich musste mein Essay zum Thema Accessoires noch fertig stellen. Ich wählte die Sonnenbrille von Ray Ban und führte ihr Comeback auf die Wirtschaftskrise zurück. Nebenbei war ich bei Facebook online. Äusserst empfänglich für Ablenkung. Wie es immer so ist wenn man etwas für die Uni tut...
Ich war grade bei den Fußnoten als: „Bling“. Irgendwer schrieb mir bei Facebook. Ich sah auf die Uhr. Wer ist denn um halb zwei in der Woche noch online?
Raus aus dem Open Office Menü, rein zu Safari. Da stand ein Name mit dem ich erst nichts anzufangen schien. Doch dann machte es Klick!
An dieser Stelle würde ich die Hand heben und den Zeigefinger krümmen. Keine Sorge, es war nicht der Knickpimmel selbst. Sondern sein Freund. Ihr erinnert euch? Ihn fand ich auf der Erstsemesterparty besser.

Hei!“, schrieb er. Im Chat-Fenster sah ich, dass er wieder etwas zu schreiben schien.
Sorry, ich hab mich verschrieben! Wollte eigentlich wem anders schreiben.“
Aha, okay. „Kein Ding!“, antwortete ich. Verlies Safari und widmete mich wieder der Ray Ban Brille. „Bling“, machte es erneut. „Was machst du?“, stand da.
Tja, und so kamen wir ins Schreiben. Er wollte sich mit mir treffen. „Und was ist mit deinem Freund?“, wollte ich wissen, bevor ich mich da auf etwas einlasse. Denn ich erfuhr, dass er traurig war, nachdem ich mich nicht mehr bei ihm gemeldet habe. Mmmh, schien ihm egal zu sein. Männer ey! „Muss er ja nicht wissen!“ Na, dann!
Neben Timing ist Schicksal die größere Nutte. Wie gut, dass man sich immer zwei Mal im Leben trifft. Irgendwann bekomme ich eben immer was ich will.

Damals wohnte ich noch zuhause, er auch. Also wohin? Da es Oktober war, konnten wir nicht einfach nach draußen gehen. Wir überlegten also wo wir uns amüsieren konnten.
Eines Abends schickte er mir einen Yotube-Link. Als ich drauf klickte tippte jemand mir auf die Schulter. Ich drehte meinen Kopf zur Seite. Das Lied ertönte und R. Kelly sah mich an. „Girl you wanna come to my hotel?“, flüsterte er mir ins Ohr.
"Baby, I will leave you my room key!" Ich verstand. Und ich fand die Idee super.


Meine Erinnerungen an ihn waren schwammig. War es ja schon was länger her und ich ja voll. Bei Facebook gab es auch nur ein Bild von ihm. Würde ich ihn wieder erkennen? Ja, Punkt 19 Uhr stand er an den Treppen, beim Eingang des Bonner Hauptbahnhofs.
Er trug eine lässige schwarze Lederjacke von Diesel, eine enge Jeans, die im Schritt weiter geschnitten war und ein weißes Hemd.
Und da war sie wieder, die Ray Ban Brille. Nicht dieses Trendding, was nun jeder trägt. Sondern eine schmale Variante in Hornfassung.

Mein Herz schlägt höher, wenn ein Mann Stil beweist und sich gut kleidet. Und er war definitiv einer davon. Zur Begrüßung umarmten wir uns. Er duftete so gut wie er aussah. Blondes Haar, grüne Augen, Drei-Tage-Bart und diese vollen Lippen auf die ich mich schon freute.
Ich hatte nicht eine Sekunde den Zweifel, dass es schlecht hätte werden können. Ich war auch nicht ansatzweise nervös.

Wir wollten in der Nähe des Bahnhofs bleiben und wählten den schäbbigen grauen Klotz direkt gegenüber, der sich mit vier Sternen brüstete.

Als wir das Foyer betraten, war ich überrascht. So hässlich und fies das Gebäude von aussen wirkte, so hübsch war es im Inneren.
Eine junge Frau mit strengem glatten Pferdeschwanz, bei dem nicht ein Haar abstand, lächelte uns von der Rezeption aus an. „Guten Abend“, flötete sie mit aufgesetzter Freundlichkeit. „Was kann ich für Sie tun?“
Wir hätten gern ein Doppelzimmer“, sagte ich. Ihr Lächeln schien fest gefroren.
Wie lange bleiben Sie?“, fragte sie uns. „Ehm, eine Nacht“, antwortete er und räusperte sich. Gott, die weiß genau was abgeht. Tüüüülüüülüüü.
Man merkte es ihr nicht an. Ganz der Profi. Trotzdem kam ich mir schon ein bisschen vor wie eine Prostituierte. So eine Nummer hab selbst ich bisher noch nicht gerissen.
Ich brauche Ihre Ausweise“, erklärte sie, dabei regte sich in ihrem Gesicht nichts.
Mit gesenkt verschämten Blick schob ich meinen leicht verknitterten Ausweis über die schicke glatte Holztheke.
Schnell unterschrieben wir einen Wisch und fertig. „Ihr Zimmer befindet sich im dritten Stock dann rechts“, sagte sie als sie uns die Chip-Karte überreichte. Da lag er der Room-Key. Er nahm ihn und wir fuhren mit dem Aufzug hoch. Dabei sprachen wir kein Wort. Da war sie doch, die Aufregung. Mit einem fremden Mann in einem Hotelzimmer eine Nacht zu verbringen. Puh! Ich starrte auf den Boden, im Hintergrund lief die typische Fahrstuhl Musik. „Ding!“ – die Tür öffnete sich. Wir sahen uns an und lachten. Dann mal los.

Zimmer 306. Er zog die Karte durch. Das Zimmer war wirklich hübsch, naja, kann man ja bei 90 Flocken die Nacht wohl erwarten. Er schmiss seine Tasche auf den Sessel und setzte sich aufs Bett. Ich sah ihn an. „Ich muss was trinken!“, platze es aus mir raus. „Ich auch“, sagte er und lächelte. Die Minibar war für uns Studenten nichts. Bei den Zimmerpreisen... Also fuhren wir runter zum Bahnhof und holten uns am Kiosk was zu trinken. Oben angekommen köpften wir den Sekt. Er nahm einen Schluck, sah mich an und sein Blick landete auf meinen Lippen. Es war dieses schiefe Lächeln, was nur wenige drauf haben, diese Art von Lächeln die dein Hirn ausknipst. Sein Lachen traf auf meinen Mund und verstummte. Seine vollen Lippen fühlten sich weich an. Es war der Wahnsinn. Dieser Junge kann küssen... Sanft ließ er mich aufs Bett fallen. Das glatte Bettzeug knisterte dabei. Er machte, ich ließ mich treiben. Ich konnte mich komplett fallen lassen. Das mag ich auch sehr gerne. Man merkte einfach, dass seine Priorität darin bestand mich glücklich zu machen. Und das tat er. Oft. Sehr oft.
Er hatte es echt drauf. Er legte beim Vorspiel ganz sanft los und überraschte mich beim Sex mit harten schnellen Stößen, die immer nur dann zum Einsatz kamen, wenn sie die volle Wirkung erzielten. Damit meine ich natürlich, dann wenn ich kam. Dadurch wurde der Orgasmus intensiver und länger. Der Kleine hatte es echt drauf und er hatte einen so tollen Körper. Ich lag unter ihm und blickte auf diese starke Schulter. „Nimm dir was du brauchst“, flüsterte er. Das tat ich! Und so trieben wir es die ganze Nacht. Er jagte mich durchs ganze Zimmer: auf dem Bett, dem Sessel, dem Stuhl, dem Tisch, dem Boden, der Dusche. Boom, boom, boom!

Die armen Nachbarn... Irgendwann schliefen wir erschöpft ein. 9 Uhr, der Wecker klingelte, ich hatte noch einen Termin. Er lag nackt neben mir. Ich sah mich um. Im Morgengrauen sah das Zimmer schlimm aus, wie nach einer exzessiven Party. Nun ja, das war es ja auch. Ich sprang unter die Dusche. Ich kam raus und er lag noch im Bett. „Gehen wir frühstücken?“, fragte ich. „Komm doch noch mal kurz her“, meinte er und setzte wieder sein Lächeln auf. Zack, Hirn aus. Eh, ich mich versah, saß ich stöhnend auf ihm. „Steh auf!“, forderte er. Schnell schob er mich gegen das große Fenster mit dem Blick auf die Einkaufsstrasse und presste mich gegen die kalte Scheibe. Dann fickte er mich weiter. Ich sah die Menschen dabei die Straße entlang laufen. Es war unfassbar gut. Das wars mit dem Frühstück. Ich musste zu meinem Termin. Ich verabschiedete mich. Mir tat alles zwar weh und ich lief wie eine alte Frau, aber das war es Wert.

Ich behielt den Kleinen als Hotel-Boy-Toy. Bis heute treffen wir uns ab und zu und es macht immer noch so viel Spaß wie damals, in der Nacht im Hotel...

Cheers!



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